Die Ausstellung „It’s Me, Toni.“ im Nordico Stadtmuseum Linz bietet anlässlich des 200. Geburtstages von Anton Bruckner eine erfrischende und innovative Perspektive auf den bekannten Komponisten. In einer Zeit, in der Ausstellungen mehr als nur die Präsentation von Fakten sein müssen, zeigt dieses Projekt eindrucksvoll, wie kreatives Design und ein durchdachtes Ausstellungskonzept den Zugang zu historischen Persönlichkeiten transformieren können. Das Linzer Studio MOOI Design hat für das Museum ein Erlebnis geschaffen, das Bruckners Leben mit modernen und interaktiven Elementen verbindet und Besucher*innen auf Augenhöhe anspricht – und zum Verweilen einlädt. Während einer Spezialführung gemeinsam mit Kuratorin Klaudia Kreslehner geben Letitia Lehner und Sarah Feilmayr Einblicke in den Gestaltungsprozess.
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Ein Konzept, das neue Wege beschreitet
Die Ausstellung „It’s Me, Toni.“ wurde bewusst mit dem Ziel gestaltet, gängige Erwartungen an Anton Bruckner und bekannte Klischees zu hinterfragen. Bereits der Titel spielt auf eine unkonventionelle und intime Annäherung an: „Toni“ als Spitzname signalisiert Nähe und bricht mit dem distanzierten Bild des Komponisten.
Klaudia Kreslehner, die Kuratorin der Ausstellung, betonte die anfängliche Herausforderung: „Wie macht man da etwas Neues, wie findet man aus dieser Flut von Unterlagen und Artefakten die richtige Übersetzung für ein Publikum?“
Die kreative Leitung von MOOI Design spielte dabei eine zentrale Rolle. Das Studio entwickelte eine visuelle und räumliche Erzählung, die Bruckners Leben mit modernen und interaktiven Elementen verbindet und Besucher*innen auf Augenhöhe anspricht. Und dazu einlädt, den Starkomponisten abseits aller Klischees neu kennenzulernen.
Räume, die Geschichten erzählen
Die Ausstellung gliedert sich in zwei Hauptbereiche, die durch Farbkontraste und Design klar voneinander abgegrenzt werden. Dunkelgrün steht für die ländliche Herkunft und das bodenständige Leben Bruckners, während Violett seine Rolle als Komponist und Wegbereiter der modernen Musik repräsentiert. Neongelbe Akzente dienen nicht nur als visuelle Highlights, sondern auch als intuitive Signale für interaktive Elemente, die die Besucher*innen einladen, tiefer einzutauchen.
Ein besonderes Highlight ist die bewusste Gestaltung der Räume, die die sozialen und kulturellen Kontexte von Bruckners Leben widerspiegeln.
„Wir wollten, dass die Besucher*innen diese Spannung zwischen Isolation und Dialog selbst spüren,“ erklärte Letitia Lehner, Gründerin von MOOI Design.
Besucher*innen erleben dabei zwei zentrale Motive: Isolation und Dialog. In einem Raum stehen die Ausstellungstische so angeordnet, dass man stets mit dem Rücken zu anderen steht, was Raum für Konzentration und individuelle Vertiefung schafft. Eine Anspielung auf Bruckners Leben als Lehrer. Im Kontrast dazu fördern andere, dialogorientierte Bereiche durch zentrale Objekte und offene Anordnung Gespräche und Austausch – eine weitere, weniger bekannte Komponente aus Bruckners Leben.
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Visuelle Erzählung als Herzstück
Die visuelle Gestaltung der Ausstellung ist ein Schlüssel zur Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart. MOOI Design setzte bei der Typografie auf subtile Anklänge an Notenschrift, wodurch Bruckners musikalisches Erbe präsent bleibt.
„Wir wollten eine Schriftart, die sofort Assoziationen zu Notationen hervorruft, ohne dabei zu technisch zu wirken,“ erklärte Letitia Lehner die Wahl der Schriftart „Gramercy“.
Die Verwendung von Materialien wie Metall und Holz erzeugt nicht nur einen visuellen Kontrast, sondern spiegelt auch die Haptik und Aura von Bruckners Zeit wider. Darüber hinaus wurden zeitgenössische Künstler*innen eingeladen, Bruckners Leben aus ihrer eigenen Perspektive zu beleuchten. Sieben Illustratorinnen interpretieren Anton Bruckner in Form von Graphic Novels auf sehr persönliche Weise.
„Es war spannend zu sehen, wie diese individuellen Interpretationen neue Facetten von Bruckner hervorbrachten,“ meint Klaudia Kreslehner.
Ein interaktives Erlebnis
Eine der unserer Meinung nach beeindruckendsten Errungenschaften dieser Ausstellung ist die Integration von Interaktivität. Besucher*innen können nicht nur Objekte anfassen (sogar die Büste darf man anfassen), sondern auch Klanginstallationen und multisensorische Erlebnisse erkunden.
„Jedes Mal, wenn es ein Neon-Gelb gibt, wissen die Besucher: Hier darf ich etwas ausprobieren,“ erklärte das Designteam.
Designerin Sarah Feilmayr fand eine alte Kirchenbank, die sie gesägt und neu gestrichen in einen der Räume integriert – genau dort sitzen Besucher*innen, wenn sie mit Kopfhörern in Bruckners Werke eintauchen. Eine Hommage an die Haltung und Umstände, unter denen zu Bruckners Lebzeiten seinen Werken gelauscht wurde – zumeist während eines Kirchenbesuchs.
Information auf den Punkt gebracht
Eine Fülle von Informationen zu einem viel bearbeiteten, oft „durchgekautem“ Thema so zu gestalten, dass sie Emotionen wecken und Erlebnisse schaffen, ist wahrlich beachtlich. Besucher*innen zu längerer Verweildauer animieren in Zeiten schwindender Aufmerksamkeitsspannen ebenso. Sie vermittelt nicht nur fachliche Inhalte, sondern unterhält und öffnet neue Blickwinkel. Jede*r Besucher*in kann selbst entscheiden, wie weit er/sie sich in Bruckners Leben begeben und bewegen möchte – auch ein kurzer, eher oberflächlicher Rundgang durch die Ausstellungsräume vermittelt Kernwissen. Wer möchte, kann dann in die einzelnen “Schichten” vordringen und sich Detailwissen erarbeiten, Interviews ansehen, Dokumente durchblättern, etc.
„Es war toll zu sehen, wie unser erstes Konzept so nah an der Endfassung blieb. Das spricht für eine gelungene Zusammenarbeit,“ ergänzten die beiden Designerinnen.
Fazit: Kreatives Design als Brücke zur Vergangenheit
„It’s Me, Toni.“ zeigt, dass eine gelungene Ausstellung weit mehr ist als eine schön angerichtete Sammlung von Objekten. Durch innovatives Design und ein starkes Konzept wird Anton Bruckner zu einer lebendigen, nahbaren Persönlichkeit, die auch heute noch berührt und inspiriert. Die Ausstellung macht deutlich, wie wichtig die kreative Leistung von Designstudios wie MOOI Design ist, um historische Themen für ein modernes Publikum zugänglich und spannend zu gestalten, dabei auch tatsächlich Wissen zu vermitteln und zum Nachdenken anzuregen.
It’s Me, Toni. ist noch bis 23.3. 2025 im Nordico in Linz zu sehen.
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