Teil des Projektes x-Inno Radar
In einer Arbeitswelt, die sich schneller wandelt als je zuvor, werden Fähigkeiten wie kritisches Denken, Selbstreflexion und Lernbereitschaft zu zentralen Zukunftskompetenzen. Doch was bedeutet das konkret für Unternehmen und Einzelne? Beim 4×4 im 44er Haus in Leonding drehte sich alles um diese Frage: Transformationspsychologin Irina Nalis beleuchtete in ihrem Impulsvortrag, welche inneren Haltungen und methodischen Werkzeuge Menschen „future fit“ machen – und warum Transformation immer Teamsport bleibt.
„Veränderung ist Normalzustand. Veränderung ist immer – darauf können wir uns einigen.“
Mit diesem Satz setzt Irina Nalis den Rahmen: Veränderung ist kein Ausnahmezustand, sondern der Kontext, in dem wir arbeiten, führen und lernen. Doch die gegenwärtige Menge, Intensität, und Geschwindigkeit der Veränderungen fordert uns heraus. Man darf erschöpft sein, sagt Nalis. Und genau deshalb braucht es Future Skills, die uns vom guten Vorsatz („Wollen“) ins Handeln („Wirken“) bringen.
Qualität vs. Quantität der Veränderung
Veränderungen hat es immer gegeben. Was heute anders ist, beschreibt Nalis mit einem psychologischen Bild: Nicht die Qualität des Ungewohnten ist neu, sondern die Quantität. Informationsdichte, Tempo, Überlagerung von Krisen: Sie erzeugen das Gefühl eines „Krisen-Tinnitus“. Das führt leicht zu Entweder-oder-Debatten. Nalis plädiert für ein Sowohl-als-auch: Ambiguitäten aushalten, Widersprüche nebeneinander denken und beweglich bleiben.
Future Skills jenseits der Schlagwörter
VUCA (volatil, unsicher, komplex, ambig) ist kein Buzzword-Poster mehr, sondern Arbeitsrealität. Future Skills sind hier nicht „nice to have“, sondern Navigationshilfe. Nalis nennt drei Ebenen, die zusammenspielen:
- Haltung: Growth Mindset, Ambiguitätstoleranz, Selbstwirksamkeit.
- Handwerk: Methodenkompetenz (z. B. Design-, Reflexions-, Kommunikations- und Kollaborationsmethoden).
- Rahmen: Lern- und Arbeitskulturen, in denen Anfänger*innengeist möglich ist und Fehler produktiv genutzt werden.
Lernen neu aufsetzen: vom Anfänger*innen-Modus profitieren
Lebenslanges Lernen ist mehr als ein LinkedIn-Satz. Nalis plädiert dafür, ein gewisses “Anfänger*innensein” zu normalisieren: Neues beginnen, Fehler machen dürfen, sich etwas von Jüngeren beibringen lassen – und das als Stärke begreifen. Schulen und Teile der Weiterbildung funktionieren noch zu sehr wie im 19./20. Jahrhundert; unsere Arbeit aber spielt im 21. Jahrhundert. Wir sollten uns daher weg von einer “Prüfungslogik”, hin zu einer “Prozesslogik” bewegen und Kompetenzen wie Kritisches Denken, Kreativität (als Problemlösefähigkeit), Kooperation und Kommunikation zur Grundlage machen, auf der Hard Skills sinnvoll aufbauen.
Career Crafting: Selbstführung als Zukunftskompetenz
Transformation ist nicht nur ein Organisations-, sondern auch ein Karriere-Thema. Nalis’ Vorschlag: Career Crafting: Die aktive Gestaltung der eigenen Laufbahn mit Zielen, Netzwerken, Reflexionsschleifen und dem Mut zu Brüchen.
Karrieren verlaufen immer seltener linear. Employability entsteht, wenn Menschen regelmäßig neu ansetzen dürfen und Teams das sichtbar unterstützen (Anerkennung, Rollentausch, Up-/Reskilling).
Vom Team her denken: psychologische Sicherheit & „Teamsport“ Transformation
Innovation braucht Widerspruchsfähigkeit und Sicherheit, um Experimente zuzulassen. Nalis formuliert es klar:
„Transformation ist ein Teamsport. Das bedeutet, dass ich auch in den Menschen, die mit mir arbeiten, ihre verschiedenen Stile erkenne.”
Ergänzend dazu müssen Räume geschaffen werden, in denen man ohne Gesichtsverlust ausprobieren darf. Aber auch Kritik konstruktiv machen und nach jedem Versuch gemeinsam nachschärfen („Was brauchen wir beim nächsten Mal?“). Denn kleine Hebel in der Kommunikation erzeugen große Wirkung.
Kompetenzentwicklung in der Praxis: Beispiel Trench Austria
Wie Future Skills im Unternehmensalltag umgesetzt werden können, zeigte Thomas Mayrhuber (Trench Austria). Das Industrieunternehmen verbindet Tradition mit Veränderungsbereitschaft und hat Soft Skills fest in seiner Unternehmenskultur verankert. Dabei geht es vor allem um Sinnorientierung, kontinuierliches Lernen und die bewusste Förderung von Vielfalt.
Nachhaltigkeit und der gesellschaftliche Versorgungsauftrag stiften Sinn und tragen dazu bei, die Fluktuation deutlich zu senken. Lernräume entstehen etwa durch standortübergreifende Hackathons, die Zusammenarbeit und Umsetzungskraft stärken. Gleichzeitig sorgen Jobrotation und ein Kompetenzmanagementsystem für bewegliche Laufbahnen und Transparenz über fachliche und soziale Fähigkeiten. Vielfalt im Team wird gezielt gefördert, um Kreativität, Kritikfähigkeit und Anpassungsfähigkeit zu sichern.
Diese Praxis zeigt: Unternehmen, die Soft Skills systematisch einbinden, schaffen den Sprung von Stabilität zu Dynamik und können die folgenden Prinzipien als Leitlinien nutzen.
Was Unternehmen jetzt konkret tun können: 7 Take-Aways
- Prozess > Perfektion: Sprints, Reviews, Retros – kurze Lernzyklen institutionalisieren.
- Psychologische Sicherheit aufbauen: Fehler sichtbar machen, “Lessons Learned” routinieren, Kritikkompetenz trainieren.
- Methodenhandwerk verbreitern: Facilitation, Problemlöse- und Entscheidungsverfahren als Grundausstattung (nicht nur für „Innovationsteams“).
- Career Crafting ermöglichen: Jobrotation, Shadowing, interne Praktika; Ziele & Netzwerke regelmäßig reflektieren.
- Sinn & Beitrag klären: Zweck, Wirkung und Kund*innennutzen explizit machen und im Alltag anschlussfähig halten.
- Diversität kuratieren: Teamrollen bewusst mischen (Exploration/Exploitation), Homophilie adressieren, Passung & Reibung balancieren.
- Lernräume schaffen: Formate wie Hackathons, Labs, Prototyping-Tage – Experimente mit klaren Schutzräumen und Entscheidungswegen.
Fazit & Ausblick: Soft Skills als Schlüssel zur Zukunft
“Future Fitness” ist kein abstraktes Ziel, sondern eine Fähigkeit, die trainiert und kultiviert werden kann. Zwischen Krisen-Tinnitus und Quartalsdruck helfen vor allem Haltung, Austausch und gezielte Lernräume. Soft Skills – von Kommunikation über Kollaboration bis hin zu kritischem Denken – sind dabei der Schlüssel zu einem innovationsfreundlichen Ökosystem.
Die Creative Region agiert dabei u.a. im Rahmen von Projekten wie x-Inno Radar, das an diesem Abend ebenfalls vorgestellt wurde, als Bindeglied und Ermöglicherin zwischen Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Kreativen. Das Projekt macht Soft Skills sichtbar, vernetzt Akteur*innen und schafft Lernräume, in denen Zusammenarbeit und Innovation entstehen können.
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x-Inno Radar setzt die Europäische Skills Agenda 2020 um, indem es Soft Skills in industriellen Umgebungen fördert. Acht Unternehmensförderungsagenturen und ein Thinktank-Netzwerk arbeiten zusammen, um neue Ansätze zur Stärkung dieser Fähigkeiten zu entwickeln und umzusetzen.
x-Inno Radar wird mit Unterstützung der Europäischen Kommission finanziert.
Webseite des Projekts: x-Inno Radar