Teil des Projektes Workshops
WARUM DAS BÜRO IN EINER DIGITALISIERTEN WELT WEITERHIN EINE WICHTIGE ROLLE SPIELEN WIRD – DARÜBER SPRACH RAPHAEL GIELGEN, HEAD OF RESEARCH & TREND SCOUTING BEI VITRA, AM 6. OKTOBER IN DER TABAKFABRIK LINZ.
Was bleibt übrig von der analogen Arbeitswelt? Was muss das Büro der Zukunft leisten?
Mit diesen Fragen beschäftigt sich Raphael Gielgen für den Schweizer Wohn- und Büromöbelkonzern – die Auseinandersetzung mit Megatrends ist dabei ein wichtiger Schlüsselfaktor für Vitras Erfolgsmodell. Doch wie erkennt Gielgen zukünftige Entwicklungen?
Eine Mischung aus Neugier, Recherche und Lektüre ist für Gielgen die wichtigste Grundlage für das Benennen ausschlaggebender Strömungen. Das Hinterfragen eingefahrener Denkmuster sei ein weiterer wesentlicher Faktor: „Nicht die Unwissenheit macht einem Probleme. Sondern das, was man sicher zu wissen glaubt.“, so Gielgen.
Die Fragestellung nach der Zukunft der Arbeit führt den gelernten Tischler außerdem regelmäßig auf Entdeckungsreisen in die Staaten, nach Asien und durch Europa. Dort trifft er Unternehmer, Architekten, Designer und Mitglieder der Community, deren Einblicke ihm wichtige Grundlagen für die Entwicklung von Zukunftsbildern geben.
Unlängst besuchte Gielgen mit seinem Team innovative Arbeitsorte unterschiedlichster Branchen im Silicon Valley: Swissnex Pier 17, Exploratorium, Ideo, Airbnb, Google Garage, Deloitte Center of the Edge, Singularity University, Standford University, Rainbow Mansion, RocketSpace waren Highlights der diesjährigen Agenda.
Gemeinsame Dinner und Drinks seien dabei ebenfalls fixer Bestandteil der Reise, denn „wenn du an solchen Orten auch bloß in eine Bar gehst, kommst du nicht dümmer raus.“, so der charismatische Visionär.
Der Vortrag als Graphic Recording (Credits: Patricia Stark)
Hier Vitras ‚zehn Gebote‘ für die zukünftige Gestaltung von Arbeitsplätzen:
// 1. Fokus Mensch:
Im Fokus steht der einzelne Mensch und eine emotionale, angenehme wie komfortable Umgebung, die Leistung und Wohlbefinden fördert – physisch wie psychisch, individuell und in der Gemeinschaft. „Im Mittelpunkt aller Trends steht der Mensch als Mitarbeiter, Geschäftspartner und Kunde.“ (die Presse)
// 2. Persönliche Authentizität:
Das eigene Selbstverständnis und Motivation, Kreativität und Wissen sind das Potential und die treibende Kraft der persönlichen Lebens- wie Arbeitshaltung.
// 3. Neuer Korporativismus
Eine umfassende Unternehmensidentität definiert gleichermaßen Arbeitsstil und -haltung, die in Beziehung stehende Gemeinschaft und Räumlichkeiten, sowie die Unternehmensattraktivität für alle Mitarbeiter. „Das Hobby geht in die Arbeit über, das Spielerische in das Notwendige.“ (die Zeit)
// 4. Talent Front
Das innovative „Talent“ als eine Haltung aus Neugier und Kreativität, das über das reine Fachwissen und über die jeweiligen Horizonte hinausgeht, bringt all seine Fähigkeiten sowohl in langfristige Unternehmensentwicklungen als auch in zeitlich begrenzte Projekte ein.
// 5. Grenzenlose Innovation
Innovation entsteht durch Neugier, Kreativität und Zusammenarbeit, Kommunikation, Expertise und Transparenz und fordert entsprechende Räume und Produkte, die funktional und flexibel agieren können.
// 6. Kollaborative Wirtschaft
Das Teilen, nicht der Besitz, bindet ein „psychisches soziales Netzwerk“ aus Produkten und Räumen ein – der Besitzer wird zum Mitglied von (Büro-)Gemeinschaften, Services und Leistungen. Sein Leben wird dadurch reicher.
// 7. Agil und flexibel
Neueste Informationstechnologien- Internet of Things, Cloud Computing und Big Data – beschleunigen Transfers und ebnen den Weg für rasanten, bahnbrechenden Wandel.
// 8. Campus Gemeinschaft
Der traditionelle Campus oder Headquarter entwickelt sich in einem höchst mobilen und urbanen Umfeld zu einem neuen Mittelpunkt (Heimat), der als Raum und Netzwerk diese Anforderungen in neuen Dienstleistungen, Programmen und Handel integriert. Die holistische Unternehmensstruktur erhält eine neue Dimension.
// 9. Konstante Transversalität
Die Vorstellungen und Definitionen von Industriezweigen, Klassifikationen und Disziplinen lösen sich immer weiter auf und müssen im Raum und als Funktion permanent neu interpretiert werden. Anforderungen und Bedingungen sind weder voraussehbar noch dauerhaft und erfordern eine konstante Anpassung.
// 10. Fortschreitende Digitalisierung
Die digitale Innovationskraft verändert und stört in ihrer unvergleichbaren neuen Qualität und Dynamik unser gewohntes Leben radikal. Unsere Geschäftsmodelle und Arbeitsmethoden werden permanent in Frage gestellt.
Über Chancen und Herausforderungen bei der Berücksichtigung dieser Entwicklungen diskutierte Gielgen abschließend mit Michael Hamann (Projektleiter Erste Bank Campus, Wien), Andreas Burghardt (Architekt und Büroplaner) und Arbeitspsychologin Sabine Zinke.
Ganz im Sinne einer Learning Journey fand der Abend in kulinarische Begleitung von Philip Rachinger / Mühltalhof einen gemeinsamen Ausklang.
In Kooperation mit:
AREA
OrtnerSchinko – A Creative Studio
Johannes Kepler Universität – JKU
karriere.at
afo architekturforum oberösterreich
Foto Credits: Christian Leopold