Im Rahmen des Lehrgangs „Leadership for Creatives“ – unserem Lehrgang speziell für Unternehmer*innen aus der Kreativwirtschaft – laden wir immer wieder Personen aus spannenden Unternehmen für Praxisinputs ein, um das Gelernte zu vertiefen. Als Abschluss des ersten Workshoptages zum Thema „Mitarbeiter*innen & Organisationen zeitgemäß führen“ gab Mag. Christian Klement MBA, Managing Director von epunkt, Einblicke ins Recruiting von heute. Er ging dabei vor allem auf Aspekte ein, die Recruiter*innen derzeit beschäftigen, worüber sich Unternehmen vor dem Hintergrund sich verändernder Rahmenbedingungen und Bedürfnisse der Arbeitnehmer*innen Gedanken machen sollten und warum die Generation Z den Takt vorgibt.
Arbeitnehmer*innenmarkt: die Qual der Wahl
Etwa 400.000 Unternehmen sind aktuell in Österreich tätig, 350.000 bis 400.000 Arbeitnehmer*innen pro Jahr wechseln den Job. Das Angebot an beruflichen Veränderungsmöglichkeiten ist größer denn je. Es mangelt in beinahe allen Branchen an Mitarbeiter*innen. Wechselwillige und Neueinsteiger*innen können nahezu frei wählen, für welches Unternehmen und zu welchen Rahmenbedingungen sie arbeiten möchten. Die Recruiting-Profis von epunkt sind seit über 20 Jahren erfolgreich im Geschäft. Das Credo, dem sie seither folgen: Unternehmen und Kandidat*innen zusammenbringen. Das bedeutet für epunkt, für Bewerber*innen jenen Job zu finden, der sie glücklich macht, und den Unternehmen die besten Mitarbeiter*innen zu vermitteln. Dass das heute gar nicht mehr so einfach ist wie noch vor ein paar Jahren, weiß Christian Klement aus langjähriger Erfahrung.
Kandidat*innen sitzen heute am längeren Ast. Das hat auch das Dienstleistungsspektrum von epunkt verändert: Wo wir früher Kandidat*innen in erster Linie ‚ausgewählt‘ haben, müssen wir sie heute vor allem ‚suchen und finden‘. Stellen sich Unternehmen nicht darauf ein, was potenzielle Mitarbeiter*innen brauchen und wünschen, ist die Alternative oft, niemanden für die freie Position zu finden.
Christian Klement
Abgesehen von den demografischen Entwicklungen und der Tatsache, dass sich die Babyboomer-Generation in den Ruhestand verabschiedet, ist auch ein Wertewandel dafür verantwortlich, dass Unternehmen sich darüber Gedanken machen müssen, was sie Bewerber*innen bieten können. Dabei spielen natürlich die harten Fakten eine Rolle. Attraktive Entlohnung, Incentives, 4-Tage-Woche, Arbeitszeitflexibilisierung, Remote-Work, Elektro-Pkw, Klimaticket: Die Pakete für die Arbeitnehmer*innen müssen ihren Wünschen gerecht werden. Darüber hinaus entscheiden die Werte, die ein Unternehmen vertritt, zunehmend darüber, ob sich potenzielle Mitarbeiter*innen dafür entscheiden, auch tatsächlich welche zu werden – und ob sie langfristig bleiben.
Die Angebote für Arbeitnehmer*innen müssen in Zukunft noch differenzierter sein, zugeschnitten auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse. Die Unternehmen müssen in die Vollen gehen. Das kann auch bedeuten, dass es für Mitarbeiter*innen unterschiedliche Angebotspakete gibt. Wünscht der oder die eine ein höheres Gehalt, ist für den oder die andere*n ein Parkplatz oder ein Klimaticket wichtiger.
Christian Klement
Erfolgsfaktor Unternehmenswerte
Vor dem Hintergrund, dass viele um wenige rittern, müssen sich Unternehmen mehr denn je mit sich selbst auseinandersetzen. Authentische und gelebte Unternehmenswerte sind neben kaufmännischen Faktoren entscheidende Erfolgskomponenten, nicht nur auf dem Markt, auch im Recruiting und bei der nachhaltigen Mitarbeiter*innenbindung. Dafür braucht es die Auseinandersetzung mit den eigenen Werten. Unternehmen müssen sich die Frage stellen, wofür sie stehen, was sie bewirken wollen. Sie müssen dem WHY, dem Purpose des Unternehmens, auf den Grund gehen. Wie man Werte für das eigene Unternehmen entwickelt, Mitarbeiter*innen danach recruitet und darauf aufbauend eine positive Arbeitskultur entwickelt, war Teil des Tagesprogramms in unserem Workshop. Auch intern bei epunkt hat man sich intensiv damit beschäftigt. Die epunkt-Unternehmenswerte haben sich seit Firmengründung nicht wirklich verändert, ihre Ausprägungen und die Prioritäten jedoch sehr wohl. Die Dynamik der aktuellen Zeit darf nicht unberücksichtigt bleiben, das Wertegerüst muss ständig im Auge behalten werden, nur so kann man am Puls der Zeit bleiben.
Stabile Unternehmenswerte sind für den Erfolg wichtig, die Werteausprägungen ändern sich jedoch im Laufe der Zeit. ‚Technologiebegeistert‘ hat 2003 noch etwas völlig anderes bedeutet als heute.
Christian Klement
Der letzte Werteprozess bei epunkt fand 2021/22 statt. Dabei hat man die 20 Unternehmenswerte hinterfragt und „re-engineered.“ Die 300 Mitarbeiter*innen waren eingebunden und haben acht Core-Werte eruiert, für die das Unternehmen steht und die es prägen. In Wertetrainings beim Onboarding neuer Mitarbeiter*innen werden sie verankert, damit Werte nicht nur leere Worthülsen, sondern gelebte Praxis sind – die sich bestenfalls mit den Werten der Mitarbeiter*innen decken. Je klarer sich Unternehmen über die eigenen Werte sind, desto einfacher fällt es, sie der Belegschaft zu kommunizieren und zu leben.
Ein Beispiel: Unternehmen, die während der Corona-Pandemie neue Mitarbeiter*innen gefunden haben, weil sie z. B. Homeoffice und Remote-Work ermöglichten und dadurch attraktiv wurden, dürfen sich nicht wundern, warum Mitarbeiter*innen sich verabschieden, weil diese Möglichkeiten nach der akuten Pandemie vom Unternehmen widerrufen wurden. Unternehmen müssen sich überlegen, wofür sie stehen wollen, sonst sind sie unglaubwürdig!
Christian Klement
Wertehaltung und Kommunikationswege: Generationenfrage
Dass jede Generation eigene und oft auch neue Werte mitbringt, ist mit Sicherheit keine neue Erkenntnis. Das war auch bei Generationen zuvor schon der Fall. Werte und Haltungen sind also nicht nur, aber auch eine Generationenfrage. Die Generation Z – also die zwischen 1997- und 2012-Geborenen – kann im Vergleich zu den Millennials z. B. mit Krisen ganz gut umgehen, schließlich sind sie in Zeiten von Wirtschafts-, Klima-, Corona- oder Energiekrisen aufgewachsen. Werte wie Familie, Loyalität oder Treue sind stärker ausgeprägt als noch vor 20 Jahren. Gleichzeitig ist es eine Generation der Unverbindlichkeit und Flexibilität. Und eine, die bei der Kommunikation völlig neue Wege geht, z. B. bei den Kommunikationskanälen – Telefonieren ist definitiv „outdated“. Unternehmen müssen sich zunehmend darauf einstellen – auch im Human Resource Management. Lange Textinserate werden von der Generation Z – aber auch generell – nicht mehr gelesen. Die Entscheidungsfindung, ob ein Stelleninserat interessant ist, fällt innerhalb von wenigen Sekunden.
Fazit: Recruiting ist schwierig geworden! Gelebte und authentische Unternehmenswerte sowie attraktive und individuelle Angebote für die Mitarbeiter*innen sind deshalb wichtige Grundvoraussetzungen, um in einem beinahe leergefischten Arbeitsmarkt die besten und richtigen Arbeitskräfte zu finden – und auch nachhaltig ans Unternehmen zu binden. Unternehmen müssen sich auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen, ihren Werten treu bleiben und mit der Zeit gehen.