Teil des Projektes WE ARE SO
Neugier ist der Motor für Veränderung, die Grundlage für Innovation und der Anfang jedes kreativen Prozesses. Sie bringt uns dazu, Fragen zu stellen, neue Wege zu suchen, Perspektiven zu wechseln und scheinbar Selbstverständliches zu hinterfragen. In einer komplexen und sich stetig wandelnden Welt sind genau diese Fähigkeiten essenziell geworden – für Individuen, Organisationen und Gesellschaften.
Neugier ist aber mehr als ein persönlicher Antrieb. Sie ist eine Haltung, eine Kompetenz, die sich bewusst fördern, trainieren und kultivieren lässt. Wer neugierig bleibt, bleibt lernfähig, offen und zukunftsfit. Unternehmen, die Neugier zulassen, schaffen Räume für Innovation, für kreative Prozesse und für Neues.
Doch wie wird aus Neugier tatsächlich Innovation? Wie kann man diese Haltung in Teams und Unternehmen fördern – und was braucht es, um andere damit anzustecken? Welche Rahmenbedingungen machen Neugier zur tragfähigen Grundlage für Kreativität und Innovation – und wie gelingt es, dass sie im Arbeitsalltag tatsächlich Wirkung entfaltet?
Netzwerke, Zyklen und psychologische Sicherheit
Für Valérie de Eco-Streibl, Co-Geschäftsführerin und Partnerin bei FAS Research, ist Innovation niemals linear. Ihr Unternehmen beschäftigt sich seit über 30 Jahren mit der Analyse und Gestaltung von Netzwerken und Innovationsökosystemen. Organisationen entwickeln ihre Innovationsfähigkeit nicht geradlinig, sondern in immer wiederkehrenden Zyklen von Wachstum, Reife, Krise und Erneuerung. Diese Dynamik lässt sich mit dem sogenannten Resilienzzyklus beschreiben – einem Modell, das aus der Ökologie stammt und sich sehr gut auf Innovationsprozesse übertragen lässt.
Drei zentrale Learnings von Valérie de Eco-Streibl:
- Zyklen verstehen – um nicht in Innovationsfallen wie die „Nostalgiefalle“ zu geraten. Diese beschreibt den Zustand, wenn Unternehmen trotz erkennbarer Veränderungen am Alten festhalten, weil der vermeintliche Erfolg der Vergangenheit sie lähmt. Anstatt offen für Neues zu bleiben, verharren sie in Routinen, was Innovation ausbremst.
- Netzwerke gestalten – um den Austausch mit der sogenannten Peripherie zu sichern. Damit sind jene Bereiche außerhalb des engsten Macht- und Entscheidungszentrums gemeint, in denen neue Ideen, Experimente und ungewöhnliche Perspektiven entstehen. Sie sind entscheidend für Erneuerung und Innovationsfähigkeit.
- Beziehungen sichern – als strategische Infrastruktur für Innovation. Gute Beziehungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens bilden das Fundament, auf dem sich Vertrauen, Austausch und Offenheit entwickeln können. Sie schaffen die Voraussetzung dafür, dass Ideen und Impulse nicht an Abteilungsgrenzen oder Hierarchien scheitern.
Innovation entsteht dabei nicht am Reißbrett, sondern durch Beziehungen, Offenheit und Austausch. Besonders wirksam sind stabile Verbindungen in die Peripherie – dorthin, wo Ungewöhnliches, Unfertiges und Neues gedeiht. Genau dort, fernab eingespielter Routinen, beginnt Innovation.
Valérie de Eco-Streibl ist sich sicher:
„Wo ich nicht verbunden bin, kann ich auch nicht neugierig sein.“
Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist psychologische Sicherheit: Nur in einem Umfeld, in dem Unsicherheit, Fragen und sogar Scheitern erlaubt sind, kann echte Neugier entstehen – und sich weiterentwickeln. Innovationsprozesse sind eng mit Lernprozessen verbunden, und Lernen wiederum braucht Räume, in denen auch Irrwege und Scheitern nicht sanktioniert werden, sondern als notwendige Bestandteile verstanden sind.

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Valérie de Eco-Streibl (FAS Research) bei WE ARE SO curious

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Valérie de Eco-Streibl (FAS Research) bei WE ARE SO curious

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Valérie de Eco-Streibl (FAS Research) bei WE ARE SO curious
Räume und Rituale für kreativen Austausch
Räume beeinflussen unser Verhalten und prägen, wie wir zusammenarbeiten und wie Ideen entstehen. Sie bieten den physischen Rahmen für Austausch, Begegnung und den informellen Zufall, aus dem Neues entstehen kann. Architektur wird so zum Motor für Neugier und Kreativität, denn sie gestaltet, wie wir uns begegnen, wie leicht oder schwer Austausch möglich wird und wie sichtbar neue Ideen überhaupt werden können.
Gerhard Abel, Geschäftsführer von PLANET Architects und Initiator des Future Experience Forum, denkt Räume genau in diesem Sinne: Nicht die reine Funktion steht im Vordergrund, sondern das Potenzial, das sie für Interaktion und Innovation eröffnen. Architektur schafft die Rahmenbedingungen für Austausch, Zufall und informelle Begegnung – all das sind Quellen für Innovation. Erst durch das bewusste Gestalten solcher Gelegenheiten werden Räume zu Treibern von Veränderung.
„Zusammenarbeit ist der Grund, warum wir als Spezies so weit gekommen sind“,
sagt Gerhard Abel. Seine Überzeugung: Räume ermöglichen diese Zusammenarbeit, weil sie Austausch fördern und damit das Fundament für Innovation legen. Abel beschreibt diesen Zugang mit der Metapher der geschlechtlichen Vermehrung von Ideen: Kreativität braucht Vielfalt, Reibung und Räume, die Austausch ermöglichen. Durch das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Perspektiven, Disziplinen und Persönlichkeiten entsteht jene kreative Reibung, die Innovation fördert.
Räume sind dabei weit mehr als bloße Infrastruktur – sie eröffnen kulturelle Räume, in denen Fragen gestellt, Ideen ausprobiert und neue Impulse möglich werden. Offene Bereiche, Cafés, Begegnungsräume oder spielerische Formate wie Lego-Workshops sind bewusst geschaffene Bühnen für Interaktion und damit Nährboden für Neugier und neue Denkansätze.
Ein zentrales Prinzip, das sich durch Abels Arbeit zieht, lautet: Prinzip schlägt Lösung. Es geht weniger um fertige Antworten als um die Gestaltung von Rahmenbedingungen, die Offenheit ermöglichen. Zuhören, Perspektiven zulassen, Fragen vor schnellen Antworten – all das sind Haltungen, die Räume und Teams gleichermaßen prägen sollten, wenn sie Innovation fördern wollen.
Abels Ansatz zeigt: Innovation beginnt nicht mit Prozessen, sondern mit der richtigen Umgebung und Haltung.

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Gerhard Abel (PLANET Architects) bei WE ARE SO curious

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Gerhard Abel (PLANET Architects) bei WE ARE SO curious

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Gerhard Abel (PLANET Architects) bei WE ARE SO curious
Wie Neugier im Unternehmen lebendig bleibt
Die Theorie ist das eine – aber wie sieht das konkret in der Unternehmenspraxis aus? Für Sabrina Grillmayr, Head of International Brand bei Internorm ist Neugier ein strategisches Prinzip, das gezielt gefördert wird. Bei Internorm ist Neugier systematisch zum festen Bestandteil der Unternehmenskultur geworden. Sie wird nicht dem Zufall überlassen, sondern durch klare Strukturen und Maßnahmen lebendig gehalten. Dahinter steht die Überzeugung, dass Neugier nicht nur der Ausgangspunkt für Innovation ist, sondern darüber entscheidet, ob sie langfristig Wirkung entfalten kann.
Wie sieht das in der Praxis aus?
- Strukturen für Neugier schaffen: Mit Formaten wie Experimentiervormittagen, Lunch & Learn, Reverse Mentoring oder internen Ideenwettbewerben wird Neugier bewusst Raum gegeben. Diese Formate machen Fragen, Irrtümer und Experimente sichtbar und legitim – sie schaffen Sicherheit, um Neues auszuprobieren.
- Fehlerkultur als Grundlage: Nach dem Prinzip „Fail fast, learn faster“ werden Irrtümer nicht als Störungen gesehen, sondern als notwendige Zwischenschritte im Lernprozess. Das stärkt den Mut, Neues auszuprobieren und Unsicherheiten konstruktiv zu nutzen.
- Technologie als Lernfeld: Besonders im Umgang mit Künstlicher Intelligenz zeigt sich, wie wichtig eine offene, neugierige Haltung ist. Mitarbeitende werden ermutigt, neue Tools zu testen, Erfahrungen zu teilen und voneinander zu lernen. Klare Regeln sorgen für Sicherheit im Umgang mit neuen Technologien.
- Impulse von außen: Neugier braucht immer wieder neue Impulse. Kooperationen mit Studierenden, Reverse Mentoring oder kreative Challenges bringen frischen Wind ins Unternehmen und erweitern den Blick über Routinen hinaus.
Das Ziel: Neugier nicht als einmaligen Impuls, sondern als dauerhafte Haltung zu verankern – vom ersten Funken bis zum nachhaltigen Feuer. Nur wer sich traut, Fragen zu stellen, Bestehendes infrage zu stellen und neue Wege auszuprobieren, kann aus Neugier Zukunft machen. Denn…
„Neugier steckt an – wenn man ihr Raum, Zeit und Struktur gibt.“

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Sabrina Grillmayr bei WE ARE SO curious

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Sabrina Grillmayr bei WE ARE SO curious

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Sabrina Grillmayr bei WE ARE SO curious
Fazit: Neugier ist Zukunftskompetenz
Ob durch Räume, Beziehungen oder Unternehmenskultur – überall zeigt sich: Neugier ist keine nette Randnotiz, sondern ein entscheidender Treiber für Veränderung, Kreativität und Innovation. Sie ist die Grundlage dafür, dass Menschen sich auf Neues einlassen, Fragen stellen und auch Unbekanntes nicht als Bedrohung, sondern als Chance verstehen. Wer Neugier bewusst fördert, schafft nicht nur Innovationspotenzial, sondern stärkt langfristig die Zukunftsfähigkeit von Teams, Organisationen und Unternehmen.
Die Inhalte dieses Textes basieren auf Vorträgen und Diskussionen, die während der Veranstaltung WE ARE SO curious im Rahmen des Festival of Curiosity – in Kooperation mit dem Tourismusverband Linz & dem Ministerium für Neugier & Zukunftslust stattfanden.

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WE ARE SO curious findet im Rahmen des Festival of Curiosity

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WE ARE SO curious findet im Rahmen des Festival of Curiosity

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WE ARE SO curious findet im Rahmen des Festival of Curiosity

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WE ARE SO curious findet im Rahmen des Festival of Curiosity

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WE ARE SO curious findet im Rahmen des Festival of Curiosity

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WE ARE SO curious