„Ich führe viel lieber mit Herz als mit Hierarchie“: 3 Fragen an Susanna Winkelhofer

Führung war selten so herausfordernd und gleichzeitig so chancenreich wie heute. Alte Hierarchien bröckeln, neue Erwartungen treffen auf gewachsene Strukturen, und mittendrin stehen Führungskräfte, die Orientierung geben sollen, ohne Kontrolle auszuüben. Susanna Winkelhofer, Chefredakteurin von DIE MACHER, erlebt diesen Wandel täglich selbst und im Austausch mit Unternehmen und Entscheider*innen. Im Gespräch teilt sie ihre Perspektive auf modernes Leadership, die Bedürfnisse der jungen Generation und darauf, wie Mut, Empathie und Offenheit zu echten Erfolgsfaktoren werden.

1. Wie hat sich Leadership deiner Meinung nach verändert? Welche Qualitäten und Skills braucht es heute, um ein Team sicher durch Dynamik und Wandel zu führen?

„Leadership ist endlich erwachsen geworden – im besten Sinne. Früher ging’s um Kontrolle, heute geht’s um Vertrauen. Früher um Hierarchie, heute um Augenhöhe. Ich führe viel lieber mit Herz als mit Hierarchie. Und das Schönste: Wir dürfen endlich als ganze Menschen führen, nicht als Manager-Roboter, die keine Schwäche und keine Gefühle zeigen (dürfen).

Was es heute wirklich braucht? Erstens: Die Bereitschaft und auch Neugierde, Veränderung zu begrüßen, anstatt sie zu verdrängen oder Angst vor ihr zu haben. Zweitens: Echte Empathie – und damit meine ich nicht das Gespräch einmal im Quartal, sondern wirklich zu spüren, wo jemand gerade steht. Drittens: Den Mut, auch mal verletzlich zu sein. Ja, natürlich ist es wichtig, dass ich vorangehe, dass meine Begeisterung für die Vision riesig ist und ich alles dafür tue, dass wir sie gemeinsam erreichen – aber wenn ich meinem Team zeige, dass ich auch nicht alles weiß und manchmal zweifle, dann gebe ich ihnen die Erlaubnis, genau dasselbe zu tun. Und genau da entsteht Raum für neue Ideen, für Innovation.“

2. Die junge Generation startet heute mit anderen Erwartungen in den Beruf als frühere Generationen. Was brauchen sie deiner Erfahrung nach am meisten und wie kann moderne Führung ihnen Raum geben, sich zu entfalten?

„Die junge Generation braucht vor allem eines: Sinn. Nicht irgendwelche aufgesetzten Purpose-Statements an der Bürowand, sondern das Gefühl, dass ihre Arbeit wirklich etwas bewegt. Sie wollen verstehen, warum sie morgens aufstehen sollen. Was ich bei uns im Team erlebe: Diese Generation ist wahnsinnig mutig, Dinge zu hinterfragen, die vorherige Generationen einfach geschluckt haben. Und das ist großartig! Sie fordern ein, dass Arbeit ins Leben passt – nicht umgekehrt. Dass man sie als Menschen sieht, nicht als Ressourcen.

Moderne Führung bedeutet für mich deshalb: Weg von starren Strukturen, hin zu individuellen Lösungen. Nicht jeder tickt gleich, nicht jeder braucht dasselbe. Manche blühen im Homeoffice auf, andere im Büro-Trubel. Manche wollen klare Ansagen, andere mehr Freiraum. Und ja, das ist manchmal anstrengend – aber es lohnt sich. Weil plötzlich Menschen ihr volles Potenzial entfalten können.“

3. Wie förderst du in deinem Team Mut, Kreativität und die Bereitschaft, Neues auszuprobieren, auch wenn der Alltag oft hektisch ist?

„Ich glaube, es sind die vermeintlich kleinen Dinge, die Räume für Mut und Kreativität öffnen. Ich habe zum Beispiel seit einem Jahr kein eigenes Büro mehr, sondern sitze mitten im Team – da entsteht ganz viel Kreativität im zufälligen Gespräch. Ich sage bewusst auch Sachen wie ‚Lasst uns das einfach mal ausprobieren“ oder „Das ist jetzt tatsächlich schief gegangen, aber wisst ihr was? Die Welt dreht sich weiter. Also lasst uns weitermachen.‘ Fehler sind dann kein Untergang, sondern vielmehr ein Impuls, um neue Ideen zu finden. Und Kreativität braucht auch Freiraum, sie entsteht nicht auf Knopfdruck am Schreibtisch. Wenn jemandem während eines Spaziergangs eine Idee kommt, zählt das als Arbeitszeit. Weil die besten Ideen eben nicht am Schreibtisch entstehen, sondern wenn wir mal durchatmen.

Und ganz wichtig: Ich feiere kleine Experimente genauso wie große Erfolge. Wenn jemand etwas Neues ausprobiert hat – egal, wie’s ausgegangen ist – dann gibt’s ein echtes ‚Wow, danke, dass du das gewagt hast!'“

Danke, liebe Susanna, für deine Zeit und deine Offenheit!

Titelfoto: Antje Wolm