Teil des Projektes Creative Review
Petra Braun zeichnete schon als Kind viel und gerne, „aber es hat einige Zeit gedauert, bis ich realisiert habe, dass man daraus einen Beruf machen kann”, berichtet sie von ihren Anfängen. Nach ihrem Abschluss der HTL für Bau und Design in Linz war sie vier Jahre lang im Bereich Grafikdesign tätig. Grafik war für sie jedoch nie ganz erfüllend, wie sie erzählt: „Mir hat das Zeichnen und Malen sehr gefehlt, weshalb ich mich anschließend für ein Studium der bildenden Kunst und Malerei an der Kunstuniversität Linz entschieden habe.”
Irgendwann habe es sich richtig angefühlt, in die Illustration zu wechseln und Grafikdesign mit Malerei zu kombinieren. „Ausschlaggebend war für mich sicher auch, dass ich das digitale Zeichnen und das iPad für mich entdeckt habe.“
Neugierde als Voraussetzung
Für ihren Beruf sei keine der beiden Ausbildungen notwendig, dennoch war es für die Illustratorin der richtige Weg, sie würde es heute auch nicht anders machen: „Meine Kenntnisse aus dem Bereich Grafikdesign helfen mir, ein Kundenbriefing besser zu verstehen oder wie meine Illustrationen eingesetzt werden und wie die Daten aufbereitet werden sollen. Im Studium der Malerei habe ich mir einen sicheren Umgang mit Farben und Komposition angeeignet, was mir natürlich hilft, meinen jetzigen Beruf auszuüben“, reflektiert Petra über ihre Erfahrungen. Was man für den Job mitbringen sollte, ist Neugierde – sich auf ein neues Thema oder auf einen Kunden, eine Kundin einlassen können ebenso wie die Neugierde, etwas Neues auszuprobieren und zu experimentieren.
Während Petra Braun vorwiegend digital arbeitet, hat sich Branchenkollegin Katja Seifert auf Tusche und Gouache spezialisiert. Ursprünglich studierte sie Architektur und stieß erst im Laufe ihres Studiums auf den Beruf der Illustratorin. In ihrer Diplomarbeit baute sie ein kleines illustratives Projekt ein, was ihr Interesse an Zeichnen und analoger Arbeit weckte: „Dann ergab ein Projekt das nächste – wie zum Beispiel das Wimmelbild der Creative Region zum dreijährigen Jubiläum“, erinnert sie sich. Und so wurde es für Katja vorstellbar, Illustratorin und nicht Architektin zu werden. „Auch wenn es keine Voraussetzung ist, würde ich jetzt ein Illustrationsstudium oder einen Lehrgang besuchen, um die Zeit zu nutzen, auszuprobieren, verschiedene Techniken und Themen durchzugehen“, empfiehlt Katja.
Vernetzen und Nischen finden
Als Weiterbildung setzt die Illustratorin auf Onlinekurse, und für spezielle Themen wie Nutzungsrechte oder die Gestaltung von Honoraren sucht sie den Erfahrungsaustausch: „Vieles war hier Neuland, der Austausch mit anderen Illustratorinnen hilft“, so Katja.
Das rät auch Petra Menschen, die in den Beruf einsteigen wollen: „Kontakt zu Gleichgesinnten suchen, sich Communitys anschließen und ansehen, wie es andere machen. Finde deine Nischen, deine Stärken und deine Interessen. Und starte deine eigenen Projekte.“ Hier ergänzt Katja Seifert, dass man sich fragen müsse, inwiefern man für Kund*innen arbeiten oder eigene Projekte umsetzen möchte, oder wie man dies sogar kombinieren könnte.
Diversität als Illustrations-Trend
Zu den Trends in der Branche zählt Petra Animationen, Minimalismus und Geometrie. Die Illustratorin warnt jedoch davor, sich zu sehr auf momentan aktuelle Bewegungen einzulassen: „Ich denke, es ist wichtig, nicht jedem Trend zwanghaft nachzugehen, sondern seinen Stil natürlich weiterzuentwickeln. Viele Kund*innen legen sehr viel Wert darauf, eine Illustratorin zu beauftragen, die authentisch zu ihrer Marke passt und somit einen Mehrwert durch ihr Wissen beziehungsweise ihre Person beitragen kann.” Und deshalb sei es nicht notwendig, jeden Trend zu verfolgen.
Katja Seifert sieht in der analogen Illustration Collagen und Papercuts als kommende Trends, aber auch einen inhaltlichen: „Thematisch ist das Thema Diversität ein Trend.“ Warum sich die freie Illustratorin in der digitalen Welt überhaupt auf analoge Kunst spezialisiert hat? „Durch das viele Pläne zeichnen und perfekte Linien ziehen auf dem Computer wollte ich einfach mit den Händen arbeiten. Es ist total gut für den Arbeitsprozess, sich alle Schritte der wachsenden Illustration immer wieder ansehen zu können, ohne etwas gelöscht zu haben. Durch die Fehler, die oft passieren, wachsen plötzlich neue Ansätze, es können neue Techniken entstehen, ein neues Erscheinungsbild.“ Das brauche Zeit, aber diese sollte man sich auch geben: „Die Zeit braucht es auch, seinen eigenen Stil zu finden und wieder Neues zu probieren. Der Stil spricht für sich, Konkurrenzdenken ist für mich hier nicht der richtige Ort.“
Trends gehen, Bilder bleiben
Auch Petra Braun hat einen persönlichen Ansatz in ihrer Arbeit: „Mich interessieren Themen wie Emanzipation, Umweltschutz sowie Biografien außerordentlicher Menschen. Daher findet man in meinen Illustrationen viele Elemente aus der Tier- und Pflanzenwelt, starke Frauenfiguren und motivierende Botschaften.“ Außerdem experimentiert sie gerne mit Farben und Texturen, und will mit ihren Illustrationen „ein Gefühl der Wärme, eine besondere Stimmung sowie eine positive Message“ transportieren. Weil sie selbst ein introvertierter Mensch ist, steckt Petra übrigens ihre Figuren lieber in einfache Momente als in Menschenmengen.
Wie ist die Nachfrage nach Illustrator:*nnen? Gibt es noch Platz für neue Talente auf dem Markt? „Bei der derzeitigen politischen und ökonomischen Situation ist es schwer einzuschätzen, wie sich die Zukunft entwickelt. Aber wenn es um die Vermittlung von Konzepten und komplexen Inhalten geht, wird Illustration sicherlich immer ihre Wichtigkeit haben“, betont Petra. Auch weil die Aufmerksamkeit der Menschen immer mehr sinke, sei eine Botschaft mit einem Bild oft einfacher zu vermitteln. Ähnlich sieht das Katja Seifert: „Bilder in jeglicher Form hat es immer schon gegeben und sie werden auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, weil man in Form von Illustrationen viel Inhalt mit einpacken und viele Geschichten erzählen kann. Vom Bild auf dem Papier bis hin zur digitalen Animation sind hier so viele Wege möglich. Der Markt ist riesig. Hier liegt sehr viel Potenzial, das man ausschöpfen kann.“
Schließlich gehe es aber nicht um den Bedarf am Arbeitsmarkt, sondern darum, ob man die Tätigkeit machen will: „Und wenn ich sie machen will, werden sich die Projekte ergeben, oder ich kann sie mir erarbeiten“, sagt Katja überzeugt. Ihr Tipp für Einsteiger*innen: „Zeichnen und sich zeigen, Absagen wegstecken und weitermachen.“
Credits Artikelbild: Petra Braun