Komm zum nächsten WE ARE SO circular! Wir diskutieren das Thema Kreislaufwirtschaft mit Expert*innen in lockerer Runde in Linz.
Teil des Projektes WE ARE SO
geschrieben am 16. September 2022 von Ulrike Schwarz
Teil des Projektes WE ARE SO
Dass wir von der Wegwerfgesellschaft weg zu einer nachhaltigen Lebensweise übergehen müssen, liegt schon lange auf der Hand. Doch wie kann das überhaupt gelingen? Mit Sicherheit durch die Veränderung unseres Konsumverhaltens. Dinge zu kaufen, sie kurz zu nutzen und dann in den Müll zu werfen, sind für eine gesunde Zukunft unseres Planeten nicht unbedingt förderlich.
Aber auch die Hersteller*innen sind gefordert, Produkte auf den Markt zu bringen, die möglichst lange im Zyklus gehalten werden können. Die Trendwende von einer linearen Wirtschaft, die endliche Ressourcen extrahiert, ein Produkt produziert, das die Konsument*innen kurz verwenden und wegwerfen, zu einem nachhaltigeren Wirtschaftskonzept kann durch Kreislaufwirtschaft gelingen.
Marlene Johler, Gründerin von MindX und Advisor beim Circular Economy Forum Austria, Schima Labitsch von refurbed, Klaus Buchroithner von VRESH und Konrad Wasserbauer von der Greiner Packaging International GmbH begaben sich im Rahmen von WE ARE SO circular am 18. August 2022 im LIT Open Innovation Center der JKU auf einen Weg, der von der Wegwerfgesellschaft in eine nachhaltige, zirkuläre Zukunft führen kann.
„Circular Economy ist ein Wirtschaftsmodell, das per Design regenerativ ist. Es fußt auf dem Gedanken, dass Müll und Umweltverschmutzung Designfehler der Produkte sind„
Marlene Johler, MindX
80 % der Nachhaltigkeit eines Produkts lassen sich über das Design determinieren. Das heißt, würde man andere Materialien verwenden, die z. B. nicht toxisch oder langlebiger sind und sie so gestalten, dass sie zerlegbar, recyclebar oder aufbereitbar wären, könnte ihr Lebenszyklus verlängert werden und die eingesetzten Ressourcen bei größtmöglichem Werterhalt länger im Kreislauf gehalten werden. Zusätzlich spielen in der Kreislaufwirtschaft auch das Abkoppeln des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch und der Fokus auf die Schaffung natürlicher Systeme wie regenerative Landwirtschaft oder Biodiversität eine entscheidende Rolle.
Im biologischen und damit erneuerbaren Kreislauf produziert die Landwirtschaft Nahrungsmittel, die Abnehmer*innen erwerben und Konsument*innen verbrauchen. Überschüsse, z. B. in Supermärkten, können im ersten Schritt zu günstigeren Preisen abgegeben werden, zu Tierfutter verarbeitet oder als Biogas oder Dünger wieder rückgeführt werden und bleiben damit im Kreislauf.
Der technische Kreislauf hingegen – also jener, der vom Menschen geschaffen ist – stellt einen endlichen Kreislauf dar, da er auf limitierten Rohstoffen basiert. Produkte werden hergestellt, konsumiert, benutzt und im besten Fall repariert, geteilt, weiterverkauft, wiederaufbereitet (refurbished bzw. remanufactered) oder recycelt.
Dabei sollte der Kreis des Schmetterlingsdiagramms der Ellen MacArthur Foundation möglichst klein gewählt werden. Aufbereiten ist dem Recycling stets vorzuziehen, so können die Produkte möglichst lange im Kreislauf bei möglichst geringem Wertverlust verbleiben.
Marlene Johler führt aus: „Circular Economy kann Unternehmen zusätzlichen Umsatz generieren, indem sich neue Geschäftsfelder auftun oder zusätzliche Dienstleistungen, z. B. ein Reparaturservice, angeboten werden. Zirkularität kann Marken stärken, Kosten einsparen und Risiken minimieren.“
Best-Practice-Beispiele gibt es einige. Fairphone beispielsweise baut modulare Smartphones, die einfach repariert oder upgegradet werden können. Die Geräte sind aus recycelbaren Materialien hergestellt und E-Waste wird durch ein Rücknahmeprogramm alter Handys reduziert. Auch große Unternehmen wie Philips setzen auf Kreislaufwirtschaft. Der Konzern erwirtschaftet z. B. durch das Wiederaufbereiten medizinischer Geräte oder ein „Light-as-a-service“-Konzept mittlerweile über 20 % des Umsatzes.
Auch heimische Unternehmen und Start-ups haben die Chance und die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft erkannt. Schima Labitsch ist Director of Strategy bei refurbed und verantwortet die strategische Entwicklung des 2017 in Wien gegründeten Unternehmens: „refurbed startete als Online-Marktplatz für Elektronikgeräte mit dem Ziel, dem Elektronikschrott Herr zu werden. Secondhand mit Garantie – unser Geschäftsmodell kommt bei den Kundinnen und Kunden gut an.“
Bereits eine Million Menschen in 13 Ländern kaufen bei refurbed. Das beweist, dass Kreislaufwirtschaft skalierbar ist. Das Start-up will das grüne Amazon Europas werden und arbeitet auch daran, Unternehmen zu motivieren, ihre Produkte so zu designen, dass sie wiederaufbereitet werden können. Seit 2021 ist refurbed auch in der Fashion-Sparte aktiv.
„Im Vergleich zum Neuprodukt sparen refurbed-Produkte bis zu 70 % der Emissionen ein.“
Schima Labitsch, refurbed
Klaus Buchroithner von Vresh ist Fashionprofi und stand refurbed beratend zur Seite: „Wir wissen, was die Kundinnen und Kunden von einer nachhaltigen Modeplattform erwarten. Vor allem für kleine Labels sind Plattformen sehr wichtig, sie tragen dazu bei, dass nachhaltiges Shoppen salonfähig wird.“
Nicht nur Start-ups machen sich darüber Gedanken, was sie zu einer nachhaltigen Wirtschaft beitragen können. Auch renommierte heimische Traditionsunternehmen wie Greiner Packaging wollen im Kreislauf wirtschaften.
Konrad Wasserbauer von Greiner Packaging: „Die traditionelle Industrie ist oft mit der Meinung konfrontiert, nach wie vor an der linearen Wirtschaft zu hängen oder „green washing“ zu betreiben. Wir möchten zeigen, dass es anders geht und stellen die Nachhaltigkeit Becher für Becher in den Fokus.“
Greiner Packaging beschäftigen ca. 5.000 Mitarbeiter*innen an 25 Produktionsstandorten und ist vorwiegend in Europa tätig. Die Verpackungsspezialist*innen aus Kremsmünster haben sich zum Ziel gesetzt, Lebensmittelverpackungen wieder zu Lebensmittelverpackungen zu machen, aus einem Joghurtbecher soll wieder ein Joghurtbecher werden.
Damit das möglich ist, müssen die Verpackungen einige Anforderungen erfüllen. Eine gute, nachhaltige Verpackung muss einen geringen CO2-Fußabdruck hinterlassen, muss kreislauffähig (reduce, reuse, recycle) sein, aus nicht auf Rohöl basierenden Materialien hergestellt sein und sie muss leicht sein.
„Als Verpackungserzeuger haben wir die Aufgabe, unsere Produkte so zu designen, dass sie wiederverwertet werden können“, bringt es Konrad Wasserbauer auf den Punkt. Mit einer Kunststoff-Karton-Kombination gelingt es Greiner Packaging bereits, die Verpackung für Milchprodukte nachhaltiger und verwertbarer zu machen. Im Vergleich zum reinen Plastikbecher spart man durch den dünnen Kunststoffbecher, der mit den Lebensmitteln in Kontakt kommt und dem Wrap aus Karton, ca. 50 % Kunststoff und 20 % CO2 ein.
Die Herausforderung lag in der Detektion bei der Sortierung der Becher. Wegen der Materialkombination muss der Kartonumschlag durch mechanischen Druck vom Becher gelöst werden, so kann das Material sortenrein getrennt werden.
„Damit die Kreislaufwirtschaft in unserer Branche wirklich funktioniert, müssen die Verwertungsströme in Europa standardisiert werden.“
Konrad Wasserbauer, Greiner Packaging
All diese Beispiele zeigen ganz klar, dass Kreislaufwirtschaft nicht nur gut für die Umwelt ist, sondern auch als Geschäftsmodell bestens funktioniert.
Die 20. Ausgabe der WE ARE SO-Talkreihe der Creative Region Linz & Upper Austria fand in Kooperation mit dem LIT Open Innovation Center der JKU Linz statt.
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