Gerade hat die Linzer Werbeagentur upart mit ihrer Jugendimpfkampagne einen Platz im Spot On Schaufenster gewonnen. Wir haben uns mit Hanna Walchshofer und upart Geschäftsführer Daniel Frixeder getroffen und über das Projekt geplaudert. Ganz besonders hat uns natürlich die Herangehensweise interessiert, welche Herausforderungen es gab – aber auch, was am meisten Spaß gemacht hat.
Was war die Ausgangslage beim Kunden?
Hanna: Es gab schon eine bestehende Impfkampagne vom Land Oberösterreich. Ende 2021 kam der Auftrag, eine Kampagne für die Gen Z zu entwickeln. Der Look der bestehenden Kampagne sollte fortgesetzt werden, nur sollten die Botschaften auf witzigere, frechere, altersgerechte Art vermittelt werden.
„Mit der Jugend-Impfkampagne des Landes Oberösterreich wollten wir die Jungen dort erreichen, wo sie unterwegs sind – nämlich in den digitalen Medien. Darum haben wir auch mit Influencer*innen zusammengearbeitet und aktuelle Social Media Trends aufgegriffen. Das Ziel war es, Jugendliche aufzuklären und zu motivieren, Schutzmaßnahmen einzuhalten und/oder sich impfen zu lassen.“
Wolfgang Hattmannsdorfer, Jugendlandesrat
Daniel: Man muss auch in den Kontext setzen, in welcher Zeit wir uns befunden haben – das ist jetzt zum Glück schon wieder etwas her *lacht* – aber das war eine Zeit, in der es eine gewisse Müdigkeit gegenüber dem Thema gegeben hat. Sobald der Code einer “Impf- oder Corona-Werbung” erkannt wurde, kam relativ schnell die Reaktion ‘Das interessiert mich nicht!’. Man hat sich gar nicht mehr drauf eingelassen. Gleichzeitig hat Corona die Jugendlichen aber massiv getroffen. Gerade 16-, 17-, 18-jährige sind eigentlich gerne draußen, lernen neue Leute kennen und wollen sich ausleben. Wir mussten also einen Weg finden, diese Zielgruppe zu erreichen. Das Ziel war, sie zu informieren – oder noch wichtiger, zu sensibilisieren und falsche Informationen richtigzustellen. Es ging um Awareness und positive Impulse. Nicht zuletzt auch, um mehr Verständnis für gewisse Maßnahmen zu bekommen.
“Das Thema hat sowieso polarisiert. Aber wir wollten auf Augenhöhe mit den jungen Menschen kommunizieren.”
Hanna Walchshofer
Hanna: Es war damals definitiv eine Challenge – wir wussten, dass wir mit einem “Shitstorm” rechnen müssen. Vor allem für die Influencer*innen, mit denen wir kooperiert haben, hat das natürlich ein Risiko dargestellt. Das Thema hat sowieso polarisiert. Dennoch wollten wir auf Augenhöhe mit der jungen Generation kommunizieren. Auch die Influencer*innen haben sehr respektvoll mit ihren Follower*innen gesprochen – “Hey, jede*r darf eine eigene Meinung haben, aber es ist wichtig, dass wir darüber reden.”
Welche Maßnahmen habt ihr gesetzt?
Hanna: Unser Kunde hat uns sehr vielVertrauen entgegengebracht und verstanden, dass diese Zielgruppe eine besindere Ansprche braucht. Wir haben recherchiert und analysiert, wie wir unsere Kernzielgruppe (15 – 25-jährige) am besten erreichen. Eins war klar: Auf Social Media. Außerdem wollten wir auch außergewöhnliche Werbemittel und Plattformen zum Einsatz bringen. Deshalb haben wir z. B. auch Ads auf der Dating-Plattform Lovoo geschaltet, die in OÖ stark vertreten ist. Auf TikTok gibt es sehr strenge Richtlinien, weshalb wir keine bezahlten Anzeigen zu politischen Themen schalten durften. Weil TikTok aber ein wesentlicher Kanal ist, haben wir auf organische Inhalte gesetzt und sind dafür Kooperationen mit Influencer*innen eingegangen. Außerdem waren Ads auf Instagram, Snapchat, Programmatic Advertising und Online Audio Teil der Kampagne. Facebook war für die Zielgruppe selbst nicht relevant (nur für die Eltern der Gen Z – diese Zielgruppe wurde aber durch die Hauptkampagne abgedeckt).
Ein wichtiger Bestandteil der Kampagne waren Memes. Weiters haben wir eigene Filter für Snapchat und Instagram entwickelt sowie auf Influencer*innen-Kooperationen gesetzt. Die Vielfalt der Werbemittel und Plattformen ist ein gutes Beispiel dafür, dass der Kunde uns so vertraut hat. Die Werbemüdigkeit zu diesem Thema war schon so groß, dass sich niemand mehr mit negativen Dingen beschäftigen wollte. Wir haben deshalb versucht, dass die Sujets nicht nach Werbung aussehen und haben sie so nativ wie möglich gestaltet. Erst am Ende der Videos kam dann der Abbinder mit Appell und Logo.
Daniel: Wir haben damals analysiert, welche Themen der Jugend am meisten abgehen und haben uns die Fragen gestellt: Wo sind Sehnsüchte? Wo kann man in der Kommunikation noch andocken und auch Motivation aufbauen? Dabei sind wir zu unseren Kernthemen wie Fortgehen, Fitnessstudio, etc. gekommen.
Hanna: Ich falle ja selber auch in die Zielgruppe. In dieser Zeit habe ich mich viel mit Freunden über das Thema ausgetauscht und so Inspiration für die Kampagne gefunden.
Mit einem Sujet für Lovoo hatten wir eine Klickrate von 9%! Darüber waren sogar wir (und unsere Ansprechperson bei Lovoo) erstaunt *lacht*.
Wie war euer Prozess in dieser doch sehr volatilen Zeit?
Daniel: Wir mussten damals sehr flexibel sein und oft schnell auf Änderungen reagieren. Man wusste nie, ob sich am nächsten Tag alles ändert. Essenziell war unser wöchentliches Jour Fixe mit dem Kunden. Außerdem haben wir immer jene Termine im Blick gehabt, nach denen sich die Situation möglicherweise wieder ändern würde, wie z.B. Pressekonferenzen der Bundesregierung. Danach gab es öfter veränderte Maßnahmen, auf die wir uns in kurzer Zeit einstellen mussten.
Im Team hat es daraufhin ein Update gegeben. Die Jugendimpfkampagne ist dann hauptsächlich über unser Digital-Team gelaufen. Trotz der schnelllebigen Natur der Medien erfordert es natürlich trotzdem Zeit, bis Dinge greifen, die man neu einstellt: Creatives entwickeln, Zielgruppe definieren, Targeting, etc.
Die Zeit forderte von allen Beteiligten eine hohe Flexibilität – so musste auch unser Team sehr agil sein. Vier, fünf Leute waren eigentlich immer für das Projekt im Einsatz.
“Wir mussten damals sehr flexibel sein und oft schnell auf Änderungen reagieren. Man wusste nie, ob sich am nächsten Tag alles ändert.”
Daniel Frixeder
Wie seid ihr an das Thema Influencer*innen-Kooperationen herangegangen?
Hanna: Die Influencer*innen wussten, dass das Thema nicht einfach ist. Deshalb waren wir umso mehr dankbar, dass sich drei Influencer*innen auf die Kooperationen eingelassen haben: Viktoria Buchberger, Gizem Reininger und Michael Skopek (Michi Skopek wurde mit seinen Lehrer*innenparodien zum Medienstar, Anm. d. Red.). Es war uns wichtig, dass sie alle authentisch hinter dem Thema stehen und auf Augenhöhe mit der Zielgruppe kommunizieren. Deshalb haben wir den Influencer*innen in unseren Briefings viel Freiheit gegeben, damit sie die Postings in ihrem eigenen Stil produzieren können. Viktoria zum Beispiel war leider von Long Covid betroffen und ist in der Kommunikation stark auf dieses Thema gegangen. Auch bereits vor unserer Kooperation hat sie mit ihrer Community gesprochen, wodurch die Authentizität der Kooperation gewährleistet wurde. Michi hingegen hat ein Video im Stil seiner berühmten Lehrer*innenpraodie authentisch umgesetzt.
Ebenfalls sehr spannend war das Instagram-Live, das Landesrat Wolfgang Hattmannsdorfer mit Influencerin Gizem Reininger mit unserer Unterstützung umgesetzt hat – und das zum ersten Mal überhaupt. Die beiden haben das gemeinsam total super gemacht – es war ein guter, authentischer Austausch. Das hat auch das Feedback dazu gezeigt.
Wie war das Feedback auf die Kampagne?
Hanna: Zur Jugendimpfkampagne gab es so gut wie keine negative Resonanz. Zum Glück! Bei der allgemeinen Kampagne mussten wir durchaus mehr aushalten *lacht*
Daniel: Wir — bzw. das Land – hatten eine Beschwerde von jemandem, der in Oberösterreich wohnt und beim Streamen eines deutschen Radiosenders Audio-Werbung vom Land OÖ gehört hat. Der Spot wurde programmatisch ausgespielt. Das bedeutet, dass erkannt wurde, dass der Hörer in Oberösterreich ist, auch wenn er einen deutschen Radiosender hört. Die Person hat geglaubt, dass wir Spots bei einem deutschen Radiosender buchen und den Budgeteinsatz hinterfragt. Dabei war diese Beschwerde für uns also eigentlich ein Lob, dass wir beim Targeting alles richtig gemacht haben.
Auch die Medien haben auf die Kampagne reagiert, weil z. B. die Kooperation mit Lovoo sehr untypisch für ein öffentliches Amt ist. Da haben wir gemerkt, dass wir mit diesen Maßnahmen auch neues Terrain betreten haben. Aufgrund des Vertrauens, das uns entgegengebracht wurde, war dies auch sehr erfolgreich. Ich habe großen Respekt vor der Leistung unseres Teams. Neue Wege sind oft schwieriger und der Beratungsaufwand bei solchen Maßnahmen schon größer. Wenn ich sag’, ich mach’ ein Meme, eine Influencer*innenkooperation oder wir werben auf einer Dating-App, bedarf es mehr Erklärung als beim Schalten eines Inserates. Wie geht man damit um, wie bereiten wir es vor – das ist schon eine intensive Abstimmung, aber auch daran sieht man, dass es gut funktioniert hat. Wir haben Freigaben bekommen für Dinge, die eher ungewöhnlich sind.
Hanna: Der Kunde war wirklich offen und hat uns vertraut. Das war meiner Meinung nach das Geheimrezept der ganzen Kampagne.
Was hat euch am Projekt am meisten Spaß gemacht?
Hanna: Der Medienmix und die vielfältigen Formate und Inhalte. Das Schönste waren die Möglichkeiten, die wir hatten – wir konnten so viele unterschiedliche Maßnahmen umsetzen und auch spontan auf Dinge reagieren.
Frisch, modern und in der Sprache der Jugend – so wurde die Jugend-Impfkampagne des Landes gestaltet, um möglichst viel Aufmerksamkeit für ein wichtiges Thema zu bekommen. Die Auszeichnung der Kampagne ist für alle Beteiligten eine Bestätigung der Arbeit, derer ich meinen Dank anschließen möchte.“
Wolfgang Hattmannsdorfer, Jugendlandesrat
Danke für das Gespräch, Hanna und Daniel!
Auf spot-on-spot.at oder im Schaufenster (Landstraße 99, 4020 Linz) findet ihr mehr Einblicke in die Gewinnerkampagnen und Infos zu den aktuellen Ausschreibungen!