Teil des Projektes WE ARE SO
IM ZEICHEN VON GAMING UND GAMIFICATION
Am 23. Mai 2019 fand bereits zum 12. Mal die von der CREATIVE REGION Linz & Upper Austria organisierte Veranstaltungsreihe WE ARE SO statt. Alle zwei Monate wird dabei im Umfeld der Kreativwirtschaft diskutiert und in spannende neue Themengebiete geblickt. An diesem Donnerstag stand bei WE ARE SO playing in der Linzer Tabakfabrik alles im Zeichen von Games und Gamification. Klares Fazit: Spielen ist weit mehr als Zocken!
Computerspiele als Technology Driver
Die Intro-Session „spielte“ Jeremiah Diephuis, der in mehrfacher Funktion in die Tabakfabrik gekommen ist. Seit etwa 15 Jahren befasst er sich an der FH Oberösterreich am Campus Hagenberg im Studiengang Medientechnik und Design mit der Entwicklung von Computerspielen und seit 2014 ist er Teil der Forschungsgruppe Playful Interactive Environment. Die Hagenberger Forschungsgruppe untersucht spielerische Formen der Interaktion und den Einsatz spielerischer Mechanismen zur Förderung von Verhaltensmustern. Typische Forschungsfelder sind zum Beispiel serious games für Lernapplikationen oder auch co-located play, bei dem mehrere Personen im gleichen physischen oder virtuellen Raum interagieren können. Außerdem hat Jeremiah Diephuis mit einigen FH-AbsolventInnen und der lokalen Game-Community den Verein Gamestage gegründet. Seit 2013 werden Workshops, Gamesessions, Vorträge oder auch die Gamestage-Expo angeboten und Spielentwickler, egal ob professionelle oder Hobbyentwickler, können ihre Spiele der Öffentlichkeit präsentieren, Feedback einholen und sich Unterstützung holen.
Aus Sicht der Forschungsgruppe ist Oberösterreich gar kein so schlechtes Pflaster für die Gameindustrie, die laut Diephuis weltweit 137 Mrd. USD im vergangenen Jahr erwirtschaftet hat (ohne E-Sports) – weit mehr als die Film- oder Musikindustrie. In Österreich ist dieser Wirtschaftszweig weit weniger stark vertreten als in anderen Ländern, dennoch gibt es einige spezialisierte Unternehmen, die Spiele entwickeln und vertreiben. Dabei ist es gar nicht so einfach, ein solches Unternehmen aufzubauen, so Jeremiah Diephuis: „Ein Businessplan alleine reicht nicht aus, ein halbwegs fertiger Prototyp, um Investoren zu begeistern ist ebenfalls notwendig. In Wien gibt es zahlreiche Förderungen, in Oberösterreich eher weniger. Das macht es nicht gerade einfacher. Dabei haben wir in Oberösterreich sehr gute Voraussetzungen und eine hervorragende Ausbildungslandschaft für die Spieleindustrie.“ In Oberösterreich finden sich tatsächlich viele Kompetenzen, die für die Spieleentwicklung nötig sind. So werden Programmierer, Artists oder auch Sounddesigner an den heimischen Universitäten und Fachhochschulen ausgebildet.
Computerspiele sind aber nicht nur des Spielens wegen relevant. Als „Technology Driver“ werden Spiele dafür genutzt, um Hardwareentwicklungen voranzutreiben. Über spielerische Ansätze entwickeln sich z. B. Technologien im Bereich VR oder AR weiter.
Kompetenzen, die Spieleentwickler besitzen, sind aber nicht nur in der ureigensten Branche gefragt, auch Unternehmen, die keinen Bezug zu Gaming haben, setzen auf das Know-how dieser Experten, z. B. bei Visualisierungen. Diese „Industrial Synergies“ sind vor allem in einem Industrieland wie Oberösterreich potenzialträchtig. Es geht aber nicht nur um technologische Entwicklungen, sondern auch um kooperative, kreative Angelegenheiten. Jeremiah Diephuis dazu: „Spiele brauchen für ihre Entwicklung viele unterschiedliche Kompetenzen vieler unterschiedlicher Menschen, die kreative Dinge entwickeln – Computerspiele bringen hier viel Potenzial hervor, das sehen wir bei unseren gamejams, Spiele sind somit auch künstlerischer Ausdruck neuer Ideen.“
Dass Computerspiele mehr als nur Unterhaltung sind, will Jeremiah Diephuis auch in seinem Center for Playful Media Arts realisieren: „Wir wollen das Bewusstsein schaffen, dass Spiele auch ernsthafte Zwecke erfüllen, z.B. bei serious games und gamification.“
Hybrid Games made in Oberösterreich
Bei Rudy Games werden digitale und analoge Spielstrukturen entwickelt und in coolen Hybridspielen umgesetzt. Manfred Lamplmair von Rudy Games bringt den „Creative View“ von WE ARE SO playing aufs Tablett. Er und sein Team machen das Smartphone zum integralen Bestandteil von Brettspielen und bringen so Familie und Freunde wieder zum gemeinsamen Spielen an einen Tisch. Manfred Lamplmair: „Unser Spiel Interaction besteht aus Fragen und Aufgaben, der Schwierigkeitsgrad steuert die App je nach Alter der Spieler und spielt die passenden Aufgaben aus. Wir holen uns die Vorteile aus beiden Spielwelten, der analogen mit dem Spaß, der Geselligkeit und dem „Kegelschmeißen“ und der digitalen, die z. B. viele Möglichkeiten bei den Fragen und Aufgaben bietet. Interaction hat mittlerweile über 10.000 Fragen und Aufgaben unterschiedlichster Schwierigkeitsstufen und wächst laufend weiter.“
Rudy Games ist eher zufällig aus einem Spieleabend mit Freunden entstanden und hat sich zu einem echten Start-up entwickelt. Nach dem ersten Prototyp ging es an die Investorensuche, die sich als gar nicht einfach herausstellte. Heute hat Rudy Games vier Spiele auf dem Markt mit über 350.000 Spieler und ein weiteres Spiel steht vor der Markteinführung. Mit Dominik Greiner (Camouflage Ventures) hat Rudy Games auch einen starken Business Angel an der Seite. Medienwirksame Auftritte bei RTL und „2 Minuten, 2 Millionen“ auf Puls 4, bei der Heinrich Prokop ebenfalls investiert hat, haben Rudy Games flächendeckend über die Linzer Grenzen hinaus bekannt gemacht.
Gamification im Tourismus
Elisabeth Stephan von Linz Tourismus bringt es in ihrem „Company View“ auf den Punkt: „Im Spiel verliert man sich, Spielen fördert die Kreativität, man vergisst das Umfeld und es ist eine Art Flucht aus der Wirklichkeit. Als Kinder können wir spielen und uns verlieren, als Erwachsene verlernen wir das.“ Das Spiel als Werkzeug nutzt der Tourismus, um Destinationen mit Spannung aufzuladen, um Traditionelles neu und attraktiv erlebbar zu machen, um langfristige Erinnerungen zu schaffen und Besucherströme zu lenken.
Die visit Linz-App des Linzer Tourismusverbands führt multimedial auf dem Linzer Stadtplan durch die City, der zum Spielfeld wird. Quizfragen und andere Aufgaben bringen den User quer durch die Stadt und zeigen dem Gast unentdeckte Plätze, virtuelle Linzer Torten können gesammelt werden und die Punkte wiederum bei Partnerbetrieben eingelöst werden.
Die App spricht aber nicht nur die Gäste der Donaustadt an, sondern soll auch für die Bewohner Mehrwert bieten, die App dient nämlich auch als Ideenfinder für Kultur- und Kulinarikangebote.
Die 13. Ausgabe von WE ARE SO ermöglichte es, im Anschluss das vorgestellte Projekt von Rudy Games und die visit Linz-App auszuprobieren. Außerdem konnten die Besucher auch ganz traditionell analog am Tischtennistisch in der Stada del Startup in der Tabakfabrik netzwerken.